Rückgang bei Geldwäsche-Verdachtsmeldungen: Was steckt dahinter?
Veröffentlicht: 2025-03-21
Wie das Handelsblatt berichtet, hat sich der Trend bei den Geldwäsche-Verdachtsmeldungen in Deutschland erneut umgekehrt.
Nach Jahren ständigen Wachstums zeigt sich bei den Geldwäsche-Verdachtsmeldungen in Deutschland eine überraschende Entwicklung: Zum zweiten Mal in Folge ist die Zahl der gemeldeten Fälle deutlich gesunken. Diese Trendwende wirft wichtige Fragen für alle Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz auf. Handelt es sich um eine echte Qualitätsverbesserung oder deuten die Zahlen auf eine nachlassende Wachsamkeit hin?
Die Zahlen im Überblick
Aktuelle Daten des Handelsblattes zeigen, dass 2024 etwa 265.000 potenzielle Geldwäschefälle an die Financial Intelligence Unit (FIU) gemeldet wurden – ein deutlicher Rückgang von fast 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Diese Entwicklung ist bemerkenswert, da die Meldezahlen zuvor kontinuierlich gestiegen waren und 2022 mit über 337.000 Verdachtsmeldungen einen historischen Höchststand erreicht hatten.
Qualitätsoffensive statt Massenproduktion?
Die FIU interpretiert diese Entwicklung durchaus positiv und führt sie auf erfolgreiche Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen zurück. Die These: Weniger, aber dafür qualitativ hochwertigere Meldungen entlasten das System und führen zu effektiverer Geldwäschebekämpfung.
Ein wesentlicher Schritt in diese Richtung war ein im Mai 2023 veröffentlichtes Eckpunktepapier, das in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und der Anti Financial Crime Alliance erarbeitet wurde. Dieses Dokument definiert erstmals klar, welche Sachverhalte grundsätzlich nicht meldepflichtig sind, und soll eine einheitlichere Bewertung potenziell verdächtiger Transaktionen gewährleisten.
Technologischer Fortschritt bei der Analyse
Zeitgleich hat die FIU ihre technologischen Kapazitäten deutlich ausgebaut. Ein wichtiger Meilenstein: Seit Januar 2024 nutzt die Behörde ein automatisiertes Verfahren zur schnelleren Identifizierung relevanter Verdachtsmeldungen. Diese Innovation setzt die seit November 2023 geltenden neuen Vorgaben des Geldwäschegesetzes um.
Ergänzend kommt nun auch das KI-gestützte Analysetool "FIU-Analytics" zum Einsatz. Die Behörde betont jedoch, dass trotz aller Technologie die endgültige Entscheidung über die Weiterbearbeitung eines Geldwäscheverdachts weiterhin von erfahrenen Mitarbeiter:innen getroffen wird – ein wichtiger Aspekt, um die Qualität der Analysen sicherzustellen.
Neue EU-Geldwäscheverordnung wirft ihren Schatten voraus
Expert:innen wie Achim Diergarten, Schatzmeister des Bundesverbands der Geldwäschebeauftragten, prognostizieren, dass die Zahl der Verdachtsmeldungen in naher Zukunft wieder deutlich ansteigen könnte. Ausschlaggebend dafür ist die neue EU-Geldwäscheverordnung, die den Kreis der Verpflichteten erheblich erweitern und die Sorgfaltspflichten verschärfen wird.
Nach den neuen Regularien werden nicht nur traditionelle Finanzinstitute, sondern auch Anbieter von Kryptovermögenswerten und Händler:innen von Luxusgütern ab bestimmten Schwellenwerten zur Kundenüberprüfung und Verdachtsmeldung verpflichtet sein. Sogar für Profifußballvereine und -agent:innen könnten unter gewissen Umständen Überwachungspflichten für Transaktionen entstehen.
Zusätzlich wird für Bargeldtransaktionen eine europaweit einheitliche Obergrenze von 10.000 Euro eingeführt – ein weiterer Faktor, der die Complianceanforderungen für viele Unternehmen erhöhen wird.
Immobilienmarkt besonders im Blickpunkt
Besondere Aufmerksamkeit verdient der Immobiliensektor, der traditionell als anfällig für Geldwäscheaktivitäten gilt. Eine aktuelle Studie des Trierer Instituts für Geldwäsche- und Korruptions-Strafrecht hat erstmals einen messbaren Zusammenhang zwischen Geldwäsche und Immobilienpreissteigerungen empirisch belegt.
Die Forscher:innen stellten bei der Auswertung von Geldwäsche-Verdachtsmeldungen fest, dass eine Erhöhung des Meldeaufkommens mit einer nachweisbaren Preissteigerung für Eigentumswohnungen korreliert. Gleichzeitig zeigten sich erhebliche regionale Unterschiede im Meldeverhalten – ein mögliches Indiz für unterschiedliche Sensibilisierungsgrade der Verpflichteten in verschiedenen Bundesländern.
AMLA: Neue europäische Geldwäscheaufsicht entsteht
Mit der Anti Money Laundering Authority (AMLA) entsteht derzeit in Frankfurt am Main eine neue europäische Behörde, die die Geldwäschebekämpfung auf EU-Ebene koordinieren und vereinheitlichen soll. Unter der Leitung der italienischen Juristin Bruna Szego wird die AMLA Mitte 2025 ihre Arbeit aufnehmen und insbesondere die grenzüberschreitende Zusammenarbeit stärken.
Diese neue Struktur wird auch für deutsche Verpflichtete Auswirkungen haben, da künftig einheitlichere Standards in der Geldwäscheprävention zu erwarten sind.
Empfehlungen für Verpflichtete
Die aktuelle Entwicklung bei den Verdachtsmeldungen unterstreicht die Bedeutung eines ausgewogenen Ansatzes in der Geldwäscheprävention:
Qualität vor Quantität: Fokussieren Sie sich auf fundierte Risikoanalysen und melden Sie Verdachtsfälle mit substanzieller Begründung.
Regelmäßige Schulungen: Sorgen Sie für kontinuierliche Weiterbildung Ihrer Mitarbeiter:innen zu aktuellen Typologien und Erkennungsmerkmalen der Geldwäsche.
Prozessoptimierung: Überprüfen Sie Ihre internen Prozesse auf Effizienz und Wirksamkeit, um sowohl Unter- als auch Übermeldung zu vermeiden.
Vorbereitung auf neue Anforderungen: Beginnen Sie frühzeitig mit der Anpassung Ihrer Systeme und Prozesse an die kommende EU-Geldwäscheverordnung.
Technologieeinsatz: Nutzen Sie moderne Tools für ein effizientes Transaktionsmonitoring und Kundenrisikomanagement.
Als Compliance-Expert:innen unterstützen wir Sie gerne dabei, Ihre Geldwäscheprävention auf ein neues Niveau zu heben und gleichzeitig die Balance zwischen Sicherheit und Effizienz zu wahren. Kontaktieren Sie uns für eine individuelle Beratung zu Ihren spezifischen Herausforderungen.