Folgen des Ampel-Aus für die Geldwäschebekämpfung

Veröffentlicht: 2024-11-28

FATF setzte Ampel-Koalition unter Druck

Mit Spannung wurde 2022 die Veröffentlichung des Deutschland-Reports der Financial Action Task Force (FATF) erwartet. Ein vorab veröffentlichter Bericht ließ Aufatmen: Deutschland würde nicht durchfallen. Ein Scheitern hätte gravierende Auswirkungen auf die exportorientierte Wirtschaft gehabt.

Die weltweit mächtige Organisation im Kampf gegen Finanzkriminalität kann Länder durch sogenannte „Listungen“ unter Druck setzen. Eine Platzierung Deutschlands auf der grauen FATF-Liste hätte Handelspartner gezwungen, ihre Vorsichtsmaßnahmen zu verschärfen. Ein erheblicher Imageverlust und starker Wettbewerbsnachteil für die Bundesrepublik.

Dass das Lob für Deutschlands Bemühungen im Kampf gegen Finanzkriminalität durch den MER Germany Report der FATF nicht überbordend ausfallen würde, ließ hingegen eine Ankündigung durch den ehemaligen Bundesfinanzminister erahnen. Christian Lindner stellte sich nur zwei Tage vor Veröffentlichung des FATF-Berichts vor die Presse und verkündigte nichts weniger als die Revolution in der Praxis der deutschen Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung sowie die Verschärfung des Systems zur Überwachung der Einhaltung internationaler Sanktionen.

Damit griff er den Ergebnissen des FATF-Berichts vor, der trotz der positiven Gesamtbewertung des MER Germany Reports deutliche Schwächen aufzeigte: fehlende statistische Erfassung, die zersplitterte Aufsichtsstruktur insbesondere im Nicht-Finanzsektor und mangelnde Transparenz.

BBF-Befreiungsschlag für ehemaligen Finanzminister

Christian Lindners Pläne umfassten deshalb unter anderem den Aufbau eines neuen Bundesamtes zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (BBF) mit Standorten in Dresden und Köln. Damit wolle Deutschland „Goldstandards“ setzen, so Lindner. Das Bundesamt sollte ein Ermittlungszentrum Geldwäsche zur Verfolgung bedeutsamer internationaler Fälle, die Financial Intelligence Unit sowie die Geldwäscheaufsicht, Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung und administrative Vermögensermittlung bündeln.

Die Idee: Effizienzsteigerung durch Zentralisierung.

Ein Argument für die Zentralisierung stellt die zersplitterte Aufsichtslandschaft im Nicht-Finanzsektor dar. Über 300 lokale Aufsichtsbehörden mit weniger als 300 Vollzeitäquivalenten – also weniger als einer beschäftigten Person pro Aufsicht – wachen aktuell in Deutschland über die Einhaltung von Präventionsmaßnahmen. Dabei wenden sie lokal teilweise unterschiedliche Prüfstandards und Sanktionen an. Das BBF sollte die Aufsichten zwar nicht ersetzen, jedoch durch die Erarbeitung einheitlicher Standards in Zusammenarbeit mit Länderbehörden mindestens entlasten – und siehe FATF-Report – eine statistische Erfassung ermöglichen.

Gegner warfen Lindner hingegen vor Doppelstrukturen zu schaffen und die Arbeit von Finanzermittlern zu erschweren. Eher sollten der Zoll, das BKA und die FIU gestärkt werden, anstatt durch einen weiteren Player wie dem BBF Unruhe zu stiften. Zumal erste Entwürfe für das Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz (FKBG), das als Grundlage für die Arbeit des BBF herhalten sollte, die Behörde mit je nach Lesart unzureichenden oder zu weitreichenden Kompetenzen ausstattete.

Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz: Wichtige Neuerungen werden ebenfalls auf sich warten lassen

Das Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz (FKBG), das durch das Ampel-Aus wahrscheinlich nicht mehr in Kraft tritt, sah nicht nur die Schaffung des BBF vor, sondern enthielt auch andere weitreichende Neuerungen, um die Geldwäsche- und Sanktionsbekämpfung zu verbessern.

Im Rahmen des Sanktionsdurchsetzungsgesetzes sollten die Befugnisse der Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (ZfS) erweitert werden, darunter die Möglichkeit zur Sicherstellung von Vermögenswerten sowie ein Informationsweitergabeverbot für Beteiligte. Außerdem sollten durch Sperrvermerke im Grundbuch oder Schiffsregister effiziente Sicherstellungen gewährleistet werden, um Grundstücke, Schiffe und Luftfahrzeuge rechtlich abzusichern.

Das Geldwäschegesetz sah zum Beispiel die Einführung eines Immobilientransaktionsregisters für Käufe ab 100.000 Euro sowie Registrierungspflichten bei der Financial Intelligence Unit (FIU) vor, deren Nichteinhaltung mit Bußgeldern geahndet worden wäre.

Ergänzend sollten im Kreditwesengesetz verschärfte Prüfungsanforderungen bei Jahresabschlüssen sowie eine stärkere Kontrolle bei bedeutenden Beteiligungen vorgesehen werden.

Die geplanten Reformen zielten darauf ab, die Geldwäschebekämpfung in Deutschland effizienter und moderner zu gestalten. Mit dem Ende der Ampel-Koalition sind diese Pläne jedoch vorerst auf Eis gelegt.

AMLA mit falschen Versprechungen gelockt?

Lindner hielt wohl auch wegen des internationalen Drucks an seinen Plänen fest. Und um es an anderer Stelle als Argument zu nutzen: Die EU entschied Anfang des Jahres über den Standort der neuen Anti-Money-Laundering-Authority (AMLA), einer wiederum auf EU-Ebene angesiedelten Oberbehörde für den Kampf gegen Finanzkriminalität. Zur Bewerbung des Standorts Frankfurt reiste der Finanzminister eigens nach Brüssel. Einige EU-Parlamentarier zeigten sich skeptisch und hielten dem Finanzminister die FATF-Ergebnisse vor. Deutschland sei allgemein als Geldwäscheparadies bekannt – warum sollte die EU die AMLA also ausgerecht dort ansiedeln? Lindner: Weil Deutschland durch seine Pläne schon bald ein Vorreiter im Kampf gegen Finanzkriminalität sein würde.

Im April hätte das FKBG im Bundestag verabschiedet werden und den Startschuss zum Aufbau des BBF geben sollen. Und obwohl das Gesetz dann doch bis August nicht durch den Bundestag gewunken wurde, liefen die Planungen weiter. Im Haushaltsentwurf des Bundesfinanzministeriums für 2025, wurden die Gesamtausgaben des BBF erst im August mit 179 Millionen Euro veranschlagt. Damit schienen die Pläne konkreter zu werden.

Ampel-Streit überlagert Kampf gegen Geldwäsche

Doch die Grünen meldeten bei der Einführung des BBF Bedenken an. Denn der Kampf gegen Finanzkriminalität sei nur dann effektiv, wenn die Behörde auch zur Ermittlung gegen und Abschöpfung von kriminellen Vermögenswerten befugt sei (in-rem Verfahren). Das sähe das FKBG jedoch nicht vor. Mit einem Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz sollte das Schwert nachgeschärft werden. Im Doppelpack hätten die Grünen dem Gesetzesvorhaben zugestimmt. Doch die Diskussionen verschleppten sich.

Derweil blieben die Bundesländer selbst nicht untätig. Verschiedene – darunter NRW – machten Nägel mit Köpfen, und schufen Kurzerhand eigene Zentralstellen, die durchaus schon effektive Arbeit leisten.

Pläne für Geldwäschebekämpfung liegen auf Eis

Mit dem Bruch der Ampel-Koalition scheinen die Pläne für das BBF und das FKBG vorerst gescheitert. Die CDU/CSU-Fraktion, die aktuellen Prognosen zufolge an der nächsten Regierung mindestens beteiligt sein wird, zeigt sich von den Plänen des ehemaligen Finanzministers nicht überzeugt. Mit dem Ampel-Aus erleidet der Kampf gegen Geldwäsche in Deutschland dadurch zumindest vorerst einen deftigen Rückschlag. Denn konkrete alternative Pläne gibt es aktuell nicht.

EU läuft Deutschland davon – Trojanisches Pferd in Frankfurt

Während in Deutschland noch um den richtigen Weg gerungen wird – wohl auch zukünftig – bewegt sich die EU. Das EU-AML-Paket, bestehend aus zwei Verordnungen und Richtlinien, schwört die Staatengemeinschaft auf den gemeinsamen Kampf gegen Finanzkriminalität ein. Spätestens 2027 werden das auch alle Bürger:innen mehr oder weniger direkt mitbekommen – zumindest solche, die sich Waren im Wert von über 10.000 Euro in bar kaufen wollen. Ab 2027 gilt, neben einer Reihe anderer Maßnahmen, eine gesamteuropäische Bargeldobergrenze von maximal 10.000 Euro.

Und in Frankfurt werden knapp 400 EU-Beamte über den europäischen Kampf gegen Geldwäsche wachen, auch über Deutschlands. Ob es sich bei der AMLA dann für Deutschland um ein trojanisches Pferd handelt, hat die nächste Bundesregierung in der Hand.

Autor:

Frank Lässig

Manager Compliance

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