Wie steht es um die Bekämpfung von Geldwäsche in Deutschland? Und warum?
Veröffentlicht: 2024-01-22
Im Jahr 2022 wurde Deutschland ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Man muss sagen: Wieder. Denn schon das letzte Zeugnis war – man kann es nicht anders ausdrücken – mangelhaft. Deutschland, eine der größten Volkswirtschaften der Welt, versagt in der Bekämpfung von Geldwäsche, Terror-Finanzierung und Finanzierung von Massenvernichtungswaffen.
Warum? Hierüber lässt sich nur mutmaßen. Der Journalist Markus Zydra stellt in seinem Buch „dreckiges Geld“ mit Co-Autor Andreas Frank die einfache These auf: Weil Geld nicht stinkt.
Inoffizielle Stillhaltepakt zwischen Staat und Mafia
Die Langfassung: Das Geld an sich macht noch keine Probleme. Es sind die Kriminellen dahinter. Man kennt es von Steueroasen. Solange die Straftaten woanders begangen werden, muss man selbst nicht aktiv werden. Man genießt im Stillen die Blüten des Nicht-drum-Kümmerns.
Die italienische Mafia verübte ihre Straftaten, Mordanschläge, Menschen- und Drogenhandel vor allem in Italien. Das Geld wiederum wusch man über Pizzerien, Eisdielen und Immobiliendeals in Deutschland. Von dort floss es dann den seichten, sauberen und unauffälligen Weg zurück in den Stiefel.
In Italien selbst das Geld zu waschen, kam für die Mafiosi wegen des harten Durchgreifens des Staates in Sachen Geldwäsche eher seltener in Betracht. Die „Guardia de Finanza“ hat sich längst ein internationales Renommee aufgebaut.
Der inoffizielle Stillhaltepakt zwischen Deutschland und der Mafia hielt nicht ewig. Die ersten Mafia-Morde auf deutschen Straßen fanden ihren Weg in die Schlagzeilen. Dazu stieg der internationale Druck auf die Bundesrepublik.
Deutschland in Geldwäsche-Prüfungsangst
Wenn auch später als woanders, wurde Geldwäsche zur Straftat erklärt. Verpflichteten-Gruppen wurden definiert. Die Gesetze zur Prävention von Geldwäsche ausgeweitet. Bis 2010 die erste internationale Prüfung durch die G7 Organisation „Financial Action Task Force“ (FATF) anstand – die Länder weltweit auf Präventionsstandards prüft. Die Ergebnisse attestierten Deutschland akuten Handlungsbedarf.
Zwölf Jahre später – genug Zeit, um sich auf die nächste Prüfung vorzubereiten – machte doch Prüfungsangst die Runde. Zwar wurden viele Empfehlungen umgesetzt – aber die Welt heute ist eine andere – und damit auch die Geldwäsche-Risiken. Und Deutschland hat Schwierigkeiten mit den Entwicklungen Schritt zu halten.
Zudem – so schreibt es auch Zydra – ist Geldwäscheprävention kein Wahlkampfthema. Die Wirtschaft sieht sie eher als Belastung denn als erstrebenswert. Und das Thema ist komplex. Etwas für Spezialist:innen – was es nicht attraktiver macht.
Scheideweg: Absturz oder Regulierung
Warum trotzdem weitergemacht werden muss? Weil ansonsten noch größeres Ungemach droht. Denn die FATF pflegt stark vereinfacht zwei Listen: Eine Graue und eine Schwarze. Landet man auf der Grauen, erschwert dass den Außenhandel schon enorm. Landet man auf der schwarzen Liste, ist man quasi vom Welthandel ausgeschlossen. Ein absolutes Horror-Szenario für Deutschland.
Die Prüfungsangst war also nicht unbegründet. Und so konnte man nach Veröffentlichung der Ergebnisse 2022 schon fast aufatmen: Deutschland ist zwar bei Weitem kein Vorreiter in Sachen Finanzkriminalitätsbekämpfung. Aber eben auch nicht Schlusslicht.
Deutschland muss Nachsitzen
Wobei die FATF auch klarstellt: Es muss sich noch Einiges ändern. Deutschland muss regelmäßige Zwischenprüfungen über sich ergehen lassen und Besserung geloben – das Damoklesschwert der grauen Liste hängt weiter über dem federführenden Finanzministerium.
Im Dezember 2023 erschien der letzte Follow-Up-Report zur „technischen Compliance“. Technische Compliance beschreibt das Maß, in dem die Voraussetzungen für die Einhaltung von FATF-Standards bestehen – gemessen an 40 Anforderungen. Für fünf Anforderungen bekam Deutschland 2022 die Note „Partially Compliant“ – was mit einem „ausreichend“ übersetzt werden kann. 18 Anforderungen wurden mit „Largely Compliant“ bewertet und nur 16 mit der Bestnote: „compliant“.
Anhand der Ergebnisse des Follow-Up-Reports lassen sich also die gröbsten Herausforderungen Deutschlands beobachten.
Die Ergebnisse des letzten Follow-Up Reports aus Dezember 2023 im Überblick