Geldwäsche am Beispiel des Menschenhandels
Veröffentlicht: 2023-06-05
Menschenhändler weltweit verdienen Millionen durch die Verschleppung, den Transport und den Verkauf ihrer Opfer. Insbesondere Frauen und Kindern sind bedroht. Das Geschäft läuft dort gut, wo staatliche Kontrollen und Sicherheitsvorkehrungen versagen. Besonders perfide Beispiele finden sich in jüngster Vergangenheit an der ukrainischen Grenze, wo aufgrund des Ausreiseverbots für wehrpflichtige Männer viele Alleinreisende Frauen und Kinder in Notsituationen ankamen.
Zwischen die vielen Hilfsorganisationen und Privatpersonen mischten sich auch Kriminelle. Sie lockten mit Transportmöglichkeiten und entpuppten sich erst später als Menschenhändler.
So begann für viele ein Martyrium, das teilweise noch bis heute andauert. Während die Opfer es nicht mehr in Sicherheit schafften, kann der Gewinn aus ihrem Verkauf durchaus in der EU und in Deutschland investiert worden sein.
Bezahlt werden Menschenhändler häufig mit Bargeld, hochwertigen Gütern oder Kryptowährungen. Das schmutzige Vermögen kann jedoch noch zu leicht mit der Straftat in Verbindung gebracht werden, als dass man es einfach nutzen könnte.
Deshalb verschieben Kriminelle ihre illegalen Gewinne, stückeln sie, verteilen sie auf Strohmänner, investieren in Güter, verkaufen diese und lassen sie sich nach einer langen Reise über verschiedenste Wertmittel wieder auf ihre Bankkonten einzahlen. Ein Zusammenhang mit ihrem Ursprung ist dann nicht mehr nachweisbar.
Wie funktioniert Geldwäsche im Detail?
Erste Phase der Geldwäsche - Einspeisung:
Erhält der Menschenhändler seine Gewinne in Bar, kann er sie nicht einfach bei der Bank einzahlen. Banken sind stark reguliert, weswegen das Aufdeckungsrisiko zu hoch wäre.
Er muss einen anderen Weg finden, das Bargeld erst in die legale Wirtschaft einzuspeisen, ohne sich verdächtig zu machen.
Eine bewährte Methode ist die Investition in hochwertige Güter wie Gold, Uhren, Schmuck oder Kraftfahrzeuge. Da in den meisten europäischen Ländern eine Bargeldobergrenze von unter 10.000€ gilt, es also vieler kleinerer Käufe von Gütern bedarf, um hohe Bargeldsummen zu investieren, führt der Weg des Menschenhändlers nach Deutschland. In Deutschland gibt es keine Bargeldobergrenze. Bis zur Einführung des Sanktionsdurchsetzungsgesetzes II war es sogar erlaubt, Immobilien in bar zu zahlen.
Obwohl es keine Bargeldobergrenze gibt, könnte der Menschenhändler dennoch Gefahr laufen, bei einem Kauf identifiziert zu werden und eine Geldwäsche-Verdachtsmeldung auszulösen. Das sollte immer dann geschehen, wenn Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz bei einer Geschäftsbeziehung auf Anhaltspunkte stoßen, die zumindest einen Anfangsverdacht begründen. Damit zum Beispiel Autohändler diese Verdachtsmomente erkennen, gibt es verpflichtende Anti-Geldwäsche-Schulungen. Danach könnten die deutschen Strafverfolgungsbehörden Ermittlungen aufnehmen und den Menschenhändler überführen.
Doch – so stellte es auch die Financial Action Task Force (FATF) in einer Prüfung zur Geldwäsche-Bekämpfung in Deutschland im Jahr 2022 fest – sind aktuell noch zu wenige "Verpflichtete" sensibilisiert. Heißt: Zu wenige, die eigentlich melden sollten, halten alle Präventionsmaßnahmen ein.
So schafft es der Menschenhändler selbst, oder über Strohmänner, hochwertige Autos zu kaufen. Diese hochwertigen mobilen Güter sind praktisch. Denn sie sind Wertstabil und können schnell weiterverkauft werden.
Anstatt Bargeld, besitzt der Autohändler jetzt hochwertige Autos. Das Geld wurde in den legalen Wirtschaftskreislauf „Eingespeist“ (Placement).
Zweite Phase der Geldwäsche - Verschleierung:
Der Menschenhändler besitzt über die gekauften Güter einen Wert, der seinem Gewinn durch die Verschleppung von Menschen entspricht.
Durch den Verkauf der Güter könnte er nun an einen Mittelherkunftsnachweis für sein illegales Vermögen gelangen und es in Buchgeld umwandeln. Gegenüber seiner Bank könnte er also argumentieren, dass das eingezahlte Geld aus dem Verkauf von Autos stammt.
Ein Restrisiko besteht jedoch darin, dass der Menschenhändler keinen Nachweis für die Herkunft des Geldes hat, das er zum Kauf der Autos benötigte. Sollte die Bank einen Verdacht anmelden, wäre die Straftat immer noch zu leicht nachzuweisen.
Die Herkunft des Geldes muss also weiter verschleiert werden. Geldwäscher machen sich aus diesem Grund die leichte Verschiebung von materiellen Vermögenswerten innerhalb der Europäischen Union gerne zu nutzen.
Im außereuropäischen Ausland können der Menschenhändler oder seine Strohmänner die Autos wieder verkaufen oder gegen andere Güter eintauschen. Wird dieser Schritt mehrmals wiederholt und werden hierbei Ländergrenzen überschritten, wird es für die Strafverfolgungsbehörden immer schwieriger, die Vermögenswerte mit der ursprünglichen Straftat in Verbindung zu bringen.
Dritte Phase der Geldwäsche - Integration:
Am Ende des Geldwäsche-Zyklus fließt der Großteil des gewaschenen Vermögens wieder auf das Konto des Menschenhändlers oder auf Konten von mit ihm assoziierten Unternehmen oder Briefkastenfirmen.
Dieses Geld wird nicht auf den Konten liegen gelassen, sondern reinvestiert, um das eigene Geschäftsmodell weiter auszubauen. Dabei können die nun legal erscheinenden Vermögen dazu genutzt werden Firmenanteile oder Immobilien zu kaufen und andere höherwertige Investitionen zu tätigen. In diesem Zuge machen sich auch diejenigen, die mit Menschenhändlern Geschäfte machen, immer mehr von ihnen abhängig.
Beispielsweise warnte im Zuge der Corona-Pandemie die BaFin davor, Firmenanteile leichtfertig und aus wirtschaftlicher Not an solvente aber branchenferne Interessenten zu verkaufen. Denn Kriminelle machten sich die Notlage vieler Firmen zunutze. Dabei liegt Kriminellen in den seltensten Fällen etwas am Wohlergehen von Firmen. Sie sehen sie vielmehr als Möglichkeit, noch einfacher Gelder zu waschen, sobald sie die Kontrolle hierüber ausüben.
Mit der Integration der gewaschenen Gelder in den legalen Wirtschaftskreislauf, findet also auch die Unterwanderung und wirtschaftliche Destabilisierung der Gesellschaft statt.