Geldwäsche in Deutschland – Zahlen, Daten, Fakten

Veröffentlicht: 2023-04-25

Geldwäsche ist ein Dunkelfeld. Im FATF-Prüfbericht 2022 monierte die internationale Organisation unter anderem, dass in Deutschland der Kampf gegen Finanzkriminalität kaum statistisch auswertbar ist. Daten wären vorhanden, würden jedoch nicht zusammengeführt.

Kerberos veröffentlichte im letzten Jahr den ersten Geldwäschereport 2020, der sich dieser Thematik annimmt. Der Zeitversatz ermöglicht eine umfassende Betrachtung des Kampfes gegen Finanzkriminalität. Viele Daten werden erst Jahre später bereitgestellt oder müssen aufwändig recherchiert werden. Der Geldwäschereport 2021 erscheint in der zweiten Jahreshälfte 2023. Auf einige interessanten Daten und Fakten gehen wir nun vorab ein.

Eine Zahl hat sich in den letzten Jahren nicht verändert: Rund 100 Milliarden Euro sollen Schätzungen zufolge pro Jahr in Deutschland gewaschen werden. Diese Zahl stammt aus einer Dunkelfeldstudie von Kai Bussmann und bezieht sich auf die Jahre 2012/2013. Sie ist eine Schätzung, die unter anderem auf Befragungen und Hochrechnungen basiert. Trotz vielseitiger Kritik gibt kaum neuere Studien, die dieser Schätzung etwas entgegensetzen könnten.

Weltweit wird das Geldwäsche-Volumen auf 2-5% des globalen BIP geschätzt (UNDOC Studie 2011). Das wären für 2023 etwa zwischen 2-5 Bio. US-Dollar (destatis).

Der Druck aktiv gegen Finanzkriminalität vorzugehen steigt. Auch weil Verbindungen zwischen Geldwäsche, Organisierter Kriminalität, Terrorismusfinanzierung sowie – Bsp. Nordkorea – Proliferationsfinanzierung (die Finanzierung von Massenvernichtungswaffen) immer deutlicher werden. In Deutschland lässt sich das an der Anti-Geldwäsche-Gesetzgebung gut beobachten. Im Jahr 1993 wurde hier das erste Geldwäschegesetz verabschiedet, das unter anderem Banken, Versicherungen, Treuhänder, Makler, Anwälte, Edelmetallhändler und Steuerberater zur Geldwäscheprävention verpflichtete. Ihnen drohten jedoch bei Nichtbeachtung der nur wenigen Vorschriften nur selten Strafen. Das Gesetz listete lediglich 3 Bußgeldtatbestände auf. Erst im Jahr 2008 wurde das Gesetz neu gefasst und erweitert. Bis zum Jahr 2017 verdreifachten sich die Paragraphen im Geldwäschegesetz. Heute spricht man von über 80 Bußgeldtatbeständen. Dies ist unter anderem auf die FATF-Prüfung von 2011 zurückzuführen, bei der Deutschland sehr schlecht abschnitt.

Die FATF und der Angriffskrieg treiben den Kampf gegen Finanzkriminalität voran

Seit 2022 – mit Beginn des Angriffs Russlands auf die Ukraine sowie der Veröffentlichung der neuen Prüfungsergebnisse Deutschlands durch die FATF – nimmt die Geldwäsche-Gesetzgebung weiter an Fahrt auf. Das Transparenzregister wird zum Vollregister. Der Bund plant die Einrichtung eines Bundesfinanzkriminalamts. Das Land NRW prescht vor und plant vorab schon die Einrichtung eines eigenen Landesfinanzkriminalamts. Mit dem Sanktionsdurchsetzungsgesetz werden Barzahlungen sowie Zahlungen mit Kryptowerten und Rohstoffen für den Erwerb von Immobilien verboten und die EU plant unter anderem ein einheitliches Regelwerk inklusive verbindlicher Verordnung und Einrichtung einer eigenen Anti-Money-Laundering-Authority (AMLA) – einer EU-weiten Behörde zum Kampf gegen Geldwäsche sowie einheitliche Bargeldobergrenzen .

Zahlen zur Geldwäscheprävention sind ernüchternd

Die politischen Absichten werden von eher ernüchternden Zahlen begleitet. So sind Schätzungen zufolge zwar rund 1.3 Millionen Unternehmen zur Geldwäscheprävention in Deutschland verpflichtetet, doch nachvollziehbar kommen dieser Verpflichtung stand 2021 lediglich maximal 16.000 Verpflichtete nach. Also 0,01%.

Diese Zahl stammt von der einzigen Behörde, die hierüber halbwegs quantifizierbare Aussagen zulässt: Der Financial Intelligence Unit (FIU). Sie betreibt mit goAML ein Online-Portal zur Abgabe von Geldwäsche-Verdachtsmeldungen. Verpflichtete Unternehmen nach dem Geldwäschegesetz haben sich bis zum 01.01.2024 Zeit, verdachtsunabhängig dort zu registrieren.

Trotz der niedrigen Anzahl an Registrierten – und noch niedrigeren Anzahl von ca. 3.500 aktiv Meldenden, ächzt die FIU unter einer enormen Last an abgegebenen Verdachtsmeldungen. Deren Anzahl verdoppelte sich von 2020 auf 2021 auf annähernd 300.000. Weder personell noch technisch ist die Behörde aktuell auf diese enorme Flut von Geldwäsche-Verdachtsmeldungen eingestellt. Ende 2022 trat der ehemalige Leiter der FIU Christof Schulte aus persönlichen Gründen von seinem Posten zurück. Gleichzeitig wurde bekannt, dass sich bei der Behörde rund 100.000 unbearbeitete Verdachtsmeldungen und 189.000 mit einem "unklaren (End-)Status" (Quelle) stapelten. Erst im Juni 2023 soll mit Daniel Thelesklaf ein neuer Geldwäsche-Experte übernehmen. Bis dahin versucht die Behörde weiter, den Bearbeitungsstau zu lösen.

Die Behörde muss sich etwas einfallen lassen. Sollten sich bis 2024 wirklich alle geschätzten rund 1.3 Millionen Verpflichtete im Meldeportal registrieren, die dann gegebenenfalls auch Meldungen abgeben, könnte die Last noch einmal erheblich zunehmen.

Damit Meldungen abgegeben werden, müssen sich Verpflichtete jedoch erst über ihre Pflichten bewusst werden. Wie die FATF 2022 feststellte, mangelte es in verschiedenen Branchen noch an der notwendigen Sensibilität. Entsprechend sollten Aufsichtsbehörden die Einhaltung von Maßnahmen zur Geldwäscheprävention verstärkt prüfen.

Prüfungen nehmen zu

Diese Prüfungen nehmen im Jahresvergleich tatsächlich zu. Nach einem Abfall im Pandemie-Jahr 2020 stieg deren Anzahl im Jahr 2021 um rund 21 Prozentpunkte im Nicht-Finanzsektor und 8 Prozentpunkte im Finanzsektor.

Die hierbei festgestellten Pflichtverletzungen schwanken in den Jahren zwischen 27 und 18 Prozent. Im Schnitt stellen die Aufsichtsbehörden seit 2017 bei rund 21,5 % ihrer Prüfungen Pflichtverletzungen bei der Geldwäscheprävention fest.

Ähnlich volatil ist die durchschnittliche Höhe der verhängten Bußgelder. Im Gesamtjahresdurchschnitt von 2017-2021 betrug sie 2.494€ pro Verstoß im Nicht-Finanzsektor. Im Jahr 2020 betrug sie hingegen allein 4.226 €, im Jahr 2021 mit 2.103 € nur noch etwas weniger als die Hälfte. Im Finanzsektor hingegen beträgt der Gesamtjahresdurchschnitt rund 196.559 € pro Verstoß mit einem absoluten minimalen Durchschnittswert pro Verstoß von 2.814 € im Jahr 2020 und einem maximalen Durchschnittswert pro Verstoß von 753.210 € im Jahr 2019.

Insgesamt kann jedoch zumindest für den Nichtfinanzsektor festgestellt werden, dass die Gesamtsumme der verhängten Bußgelder kontinuierlich steigt.

Nachholbedarf im Vollzug

Ein weiterer wichtiger Baustein in der Bekämpfung und Eindämmung von Finanzkriminalität stellt natürlich die direkte Kriminalitätsbekämpfung dar. Diese zeigt sich unter anderem an der Aufklärungsquote, der eingezogenen Vermögenswerte sowie der Verurteilungen wegen Geldwäsche.

Es sind Zahlen, die sich erst einmal sehen lassen können: Im Schnitt wurden 2021 rund 93 % der erfassten Geldwäsche-Fälle aufgeklärt. Im selben Zeitraum konnten insgesamt vom Staat Vermögenswerte in Höhe von 1.052.732.000 € eingezogen werden.

Aber: Von rund 300.000 Verdachtsmeldungen gab die FIU nur 40.200 (13,5%) an die zuständigen Behörden weiter. In 14.186 Fällen erhielt die Behörde eine Rückmeldung. 90 % hiervon waren Einstellungsbeschlüsse. Verurteilungen gab es 2021 lediglich 1.067. Wie viel des insgesamt eingezogenen Vermögens zudem auf Ermittlungen im Bereich der Finanzkriminalität zurückzuführen ist, kann zudem nicht genau beziffert werden. Die FIU schreibt hierzu: „Die Anzahl der eingegangenen Beschlüsse stieg (…) auf nunmehr 33 Beschlüsse. In diesem Zusammenhang konnten Bargeldbeträge in Höhe von über 280.000 Euro sichergestellt werden, die aus einer rechtswidrigen Tat herrührten und bei welcher der Betroffene nicht wegen der zugrundeliegenden Straftat verfolgt oder verurteilt werden konnte.“ Konkretere Zahlen sind dem Jahresbericht nicht zu entnehmen, sieht man von dem kurzfristigen Anhalten von Transaktionen – sogenannte Fristfallregelung –  in Millionenhöhe ab, die jedoch teilweise nach Ablauf einer gesetzlichen Frist dennoch durchgeführt werden können.

Im neu aufgesetzten Geldwäsche-Report 2021 gehen wir auf viele weitere interessante Daten und Fakten zur Geldwäschebekämpfung in Deutschland ein. Wir informieren Sie in Kürze an dieser Stelle über das konkrete Datum der Veröffentlichung.

Maren Adam

Senior Manager Compliance

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Portrait: Daniel Thelesklaf, zukünftiger Leiter der Financial Intelligence Unit (FIU) in Deutschland