Bürokratie braucht Bürokrat:innen – Wie Geldwäschebeauftragte Unternehmen schützen
Veröffentlicht: 2023-07-17
Geldwäschebeauftragte sind für die einen notwendiges Übel, für die anderen die einzige Möglichkeit ihren Verpflichtungen gerecht zu werden und sich vor Geldwäschern zu schützen. Die Position, die am ehesten mit den Datenschutzbeauftragten verglichen werden kann, erfüllt eine immer wichtigere Rolle im Kampf gegen Geldwäsche und Terror-Finanzierung. Ein Anwendungsbeispiel:
Joana Brecht (alle Namen geändert) radelt Anfang März 2021 durch die kühle Berliner Morgenluft zur Arbeit. Sie betreibt ein Büroserviceunternehmen im grünen Zehlendorf. Vom Büro aus soll es direkt zum Flughafen gehen, zum ersten Geschäftsausflug seit Jahren. Es geht nach Polen. Brecht fühlt sich trotz Corona sicher. Sie freut sich aufs gemeinsame Essen mit Kund:innen. Müde Bildschirm-Augen hat sie satt. Die PLStart Consulting GmbH ist auf polnische Gründer:innen und Investor:innen spezialisiert. Sie bietet alles – von der Vermietung von Immobilien in Berlin bis hin zu Rechtsdienstleistungen für Unternehmensgründungen. Brecht liebt die positive Aufgeregtheit ihrer Geschäftspartner:innen, denen sie dabei hilft, sich in Deutschland eine Zukunft aufzubauen.
Der Postkasten an ihrem Büro in einem Reihenhauskomplex quillt mal wieder über. „In Deutschland werden behördliche Angelegenheiten weitgehend per Post oder Fax erledigt“, steht auf ihrer Website. Auch ein Geschäftsmodell: Für 130 bis 250 Euro pro Monat dürfen Kund:innen der PLStart Consulting ihren Briefkasten an sie auslagern – inklusive Beantwortung bürokratischer Angelegenheiten. Ein Durchstarter-rundum-Sorglos-Paket.
Ein Brief zieht Brechts Laune herunter: Die Geldwäscheaufsicht Berlin schreibt. Sie soll die Einhaltung ihrer eigenen geldwäscherechtlichen Verpflichtungen über Jahre nachweisen. Die Behörde fordert von ihr die Vorlage einer Risikoanalyse, Schulungsnachweise ihrer Angestellten, Nachweise für Kundenidentifizierungen und die Einhaltung weiterer Verpflichtungen.
Zudem interessiert sich die Aufsicht für einen ehemaligen Kunden. Offensichtlich hegt sie einen Geldwäsche-Verdacht.
Die kurze Frist der Aufsicht verstreicht. Brecht ist außerstande die Nachweise innerhalb der Frist zu erbringen. Viele liegen ihr schlicht selbst nicht vor. Die geforderten Geschäftsunterlagen sind nicht mehr auffindbar, auch weil seitdem viel Zeit verstrichen ist. Der Trip nach Polen wird von ständigen Sorgen vor den Konsequenzen überschattet.
Nach ihrer Rückkehr wird Brecht von der Bürokratie eingeholt. Ihr Unternehmen wird im April 2021 zu einem Bußgeld wegen Verstößen gegen Mitwirkungspflichten verdonnert. Außerdem landet es mit Klarnamen auf einer öffentlichen Liste der Geldwäscheaufsicht. Wer die GmbH sucht, landet unweigerlich auf dieser Seite.
Keine gute Werbung für eine Firma, die ihren Kund:innen verspricht, die deutsche Bürokratie zu beherrschen.
Warum die PLStart Consulting kein Einzelfall ist
Je größer ein Unternehmen, risikobehafteter der Geschäftsbetrieb und internationaler die Kundschaft, desto schwieriger ist es, alle geldwäscherechtlichen Vorgaben einzuhalten. 2012 wurde deswegen per Gesetz ein neuer Berufszweig geschaffen: Der oder die Geldwäschebeauftragte.
In §7 GwG heißt es etwas schwammig: „Der Geldwäschebeauftragte ist für die Einhaltung der geldwäscherechtlichen Vorschriften zuständig;“
Konkret: In dieser Position soll sich das manifestieren, was die meisten schon aus einem anderen Rechtsbereich unter dem „Datenschutzbeauftragte“ kennen. Eine Person, die das Gesetz versteht, im Unternehmen für deren Umsetzung sorgt, Mitarbeiter:innen schult, kontrolliert und bei Bedarf ansprechbar ist – intern aber auch extern für Behörden – ein Bürokrat für die Bürokratie.
Hätte die PLStart Consulting GmbH Geldwäschebeauftragte bestellt, wäre die Behördenanfrage wohl schnell beantwortet worden. Joana Brecht hätte die Geschäftsreise genießen können. Die öffentliche Listung wäre ihr erspart geblieben. Wie vielen anderen Verpflichteten auch, die mit der Überwachung und Dokumentation der Einhaltung ihrer Verpflichtungen überfordert sind.
Wer ist zur Bestellung von Geldwäschebeauftragten verpflichtet?
Die PLStart Consulting GmbH gehört zu den nach §2 Abs. 1 Nr. 13 GwG Verpflichteten. Das bei Büroserviceunternehmen „hohe Produktrisiko“ (Berliner Risikoanalyse 2020) beschreibt die Geldwäscheaufsicht gesondert in einem Merkblatt zur Geldwäscheprävention. Trotzdem liegt keine Allgemeinverfügung zur Bestellung von Geldwäschebeauftragten für den Sektor vor.
Für sie kann jedoch, wie für alle anderen, die nicht explizit zur Bestellung von Geldwäschebeauftragten verpflichtet sind, "(…) die Aufsichtsbehörde die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten [im Einzelfall] anordnen, wenn sie es für risikoangemessen hält“, (Quelle; S. 14).
Auch ohne Anordnung müssen unter anderem Banken, Kapitalverwaltungsgesellschaften, Versicherungen und Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen Geldwäschebeauftragte bestellen. Für Rechtsanwälte, Notare, Güterhändler wie Kfz-Händler, Kunstvermittler und andere gelten in Teilen Allgemeinverpflichtungen, mindestens aber besteht die gesetzliche Möglichkeit, dass die Aufsichten eine Bestellung anordnen können (§7 GwG).
„Darüber hinaus kann die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten, auch ohne eine explizite Pflicht hierzu, eine geeignete interne Sicherungsmaßnahme darstellen, um Ihre individuellen, im Rahmen der Risikoanalyse festgestellten Risiken abzudecken“, so steht es im gemeinsamen Merkblatt der Länder zum Risikomanagement (S. 14).
Doch wie kann die Bestellung von Geldwäschebeauftragten aussehen?
Lösung 1: Bestellung interner Geldwäschebeauftragter
Naheliegend ist die Bestellung interner Geldwäschebeauftragter. Diese Position kann theoretisch jede:r Angestellte übernehmen. Das Geldwäschegesetz legt sich nicht auf eine spezielle Eignung von Geldwäschebeauftragten oder deren Stellvertreter fest.
Hier heißt es lediglich in §7 Abs. 4 Satz 2 GwG, dass die Bestellung „auf Verlangen der Aufsichtsbehörde widerrufen werden [muss], wenn die Person nicht die erforderliche Qualifikation oder Zuverlässigkeit aufweist.“
Daraus ergibt sich mindestens eine implizite Pflicht, das Geldwäschebeauftragte entsprechende Fachkenntnis vorweisen müssen. Hierfür bietet die Kerberos Zertifizierungen GmbH zusammen mit der DEKRA Certification GmbH viertägige DEKRA zertifizierte Lehrgänge für Geldwäschebeauftragte ab 2.790 € an. Auch die für die dreijährliche Rezertifizierung erforderlichen jährlichen Auffrischungsschulungen können dort gebucht werden.
Interne Geldwäschebeauftragte müssen im Unternehmen auf der Führungsebene angesiedelt und der Geschäftsleitung unmittelbar nachgeordnet sein. Sie benötigen Zugriff auf alle relevanten Daten und Mittel zur Durchführung ihrer Aufgaben, die ihnen vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden müssen.
Dafür sind sie für die Einhaltung aller geldwäscherechtlichen Vorgaben durch das Unternehmen sowie die Kommunikation mit den Behörden verantwortlich. Und: Sie haften – obwohl die Verantwortung der Leitungsebene von ihrer Bestellung unberührt bleibt. Geldwäschebeauftragte wurden in der Vergangenheit schon wegen Pflichtverletzungen zu hohen Geldstrafen verurteilt.
Die Haftbarkeit leitet zu einschneidenden Nachteilen intern bestellter Geldwäschebeauftragter über. Denn die interne Bestellung wird durch hohe Löhne kostenintensiv. Mit dem persönlichen Risiko steigen die Gehaltsforderungen. Hinzu kommen die regelmäßigen Kosten für Weiterbildungen. Zudem unterliegen die internen Beauftragten einem besonderen Kündigungsschutz.
Lösung 2: Bestellung externer Geldwäschebeauftragter
Die wohl einfachste und umfassendste Lösung ist die Auslagerung der Geldwäschebeauftragten. Dies erlaubt §6 Abs. 7 des Geldwäschegesetzes.
Klarer Vorteil hierbei: Planbarkeit, Kostenersparnis und Flexibilität.
Externe Geldwäschebeauftragte unterliegen keiner besonderen Kündigungsfrist. Zudem können sie – zumindest über Kerberos – über ein Abo-Modell mit monatlichem Fixpreis bestellt werden. Hierdurch entfallen die hohen Lohnkosten sowie die Ausgaben für regelmäßige Weiterbildungen. Sie weichen einem planbaren Fixpreis.
Bei der Bestellung externer Geldwäschebeauftragter über Kerberos sind zudem die Unterstützung der Einhaltung aller weiteren geldwäscherechtlichen Verpflichtungen enthalten. Diese umfassen unter anderem die Unterstützung bei der Erstellung und regelmäßigen Aktualisierung der Risikoanalyse, Richtlinien und Arbeitsanweisungen sowie Mitarbeiterschulungen. Zudem wird ein kostenfreier Zugang zur Kerberos KYC App für eine rechtssichere Kundenidentifizierung inklusive PeP- und Sanktionslistenchecks sowie Handlungsempfehlungen bereitgestellt.
PLStart Consulting – Zwischen Starthilfe und Ausbeutung
Die Prüfung durch die Aufsichtsbehörde war weder ein Angriff auf Joana Brecht noch auf ihr Unternehmen. Vielmehr sollen diese Maßnahmen Schutz bieten.
Sie schützen ehrliche Gründer:innen, die ihr Unternehmen in einem Umfeld gründen wollen, dass ihnen wirklichen Schutz bietet und in dem sie nicht mit Kriminellen in einen Topf geworfen werden. Sie sind auf die ehrliche Starthilfe angewiesen.
Sie schützen den Staat, der jährlich Milliarden durch Finanzkriminalität, vielfach durchgeführt und gedeckt durch Briefkastenfirmen, verliert.
Sie schützen die Gesellschaft, die mit den Auswirkungen der Geldwäsche in Form von Terror, Kriminalität und Unsicherheit leben muss.
Und sie schützt am Ende auch Joana Brecht sowie die PLStart Consulting GmbH, die sich nicht von Kriminellen ausbeuten lassen. Denn wer sich einmal verwundbar zeigt, wird von Geldwäschern immer und immer wieder heimgesucht.
Geldwäschebeauftragte mögen Bürokrat:innen sein. Geldwäscheprävention kann – muss aber nicht – lästig sein. Die Vorteile aber überwiegen.