Sanktionen und was sie bedeuten

Veröffentlicht: 2023-02-14

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert nun schon fast ein ganzes Jahr. Die Verbündeten der Ukraine üben neben Waffenlieferungen an die Ukraine auch auf andere Arten enormen Druck auf Russland aus. Sanktionen sollen dazu beitragen, dass der Rückhalt für den Krieg innerhalb der russischen Bevölkerung und Führungsriege schwindet. Doch was bedeuten Sanktionen gegen Russland konkret für Unternehmen in Deutschland? Worauf sollte geachtet und welche Sicherheitsvorkehrungen können getroffen werden? In diesem Beitrag führen wir Sie in die relevanten Aspekte zu Sanktionen ein.

Was bedeutet das Wort Sanktionen?

Sanktionen sind ein Instrument des Außenwirtschaftsrechts und zielen darauf ab, negatives Verhalten zu bestrafen und die Sanktionierten zur Wiederherstellung des Zustands vor einer Normverletzung zu bewegen. Beispiele für Normverletzungen der jüngsten Vergangenheit sind der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, die Annexion der Krim – aber auch nordkoreanische Atomtests oder Menschenrechtsverletzungen durch terroristische Vereinigungen wie ISIS.

Was können Sanktionen beinhalten?

Sanktionen können unter anderem Verfügungs- und Bereitstellungsverbote umfassen, die sich gegen die Ein- oder Ausfuhr bestimmter Güter oder Dienstleistungen richten. Sie können somit auch zum Einfrieren von Vermögen führen, Einreiseverbote umfassen und sind generell sehr flexibel ein- und umsetzbar.

Nur weil ein Land, eine Organisation oder eine Person auf einer Sanktionsliste auftaucht, müssen entsprechend nicht grundsätzlich alle Formen von Sanktionen auf diese Entitäten zutreffen. Bei einem (Sanktionslisten-)Treffer gilt es zu prüfen, welche Sanktionen genau zutreffen.

Was sind Embargos?

Embargos beschreiben durch Sanktionen geregelte Einschränkungen des Freihandels mit Staaten, Organisationen und Personen. Hierunter versteht man vor allem das Verbot beziehungsweise die Einschränkung der Ausfuhr oder Einfuhr von bestimmten Gütern oder Dienstleistungen. Häufig betreffen Embargos vor allem sogenannte „Dual-Use-Güter“, die sowohl für zivile als auch militärische Zwecke genutzt werden können.

Was bedeuten Sanktionen für Unternehmen und Personen innerhalb der Europäischen Union?

Grundsätzlich müssen sich alle nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründeten oder eingetragenen juristischen Personen, alle, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und solche Unternehmen, die ihre Geschäfte ganz oder teilweise in der Union tätigen an die verhängten Sanktionen gegen Personen, Organisationen und Länder halten. Das kann unterschiedliche Auswirkungen haben.

Somit gelten Sanktionen unbedingt für Unternehmen, die Handelsbeziehungen mit gelisteten Partnern unterhalten. Diese sind daraufhin zu überprüfen, ob sie sanktioniert sind, sich im Eigentum von z.B. sanktionierten Oligarchen befinden oder anderweitig in die Umgehung von Sanktionen mit eingebunden sein könnten, bspw. weil sie unter der Kontrolle von gelisteten Personen stehen. Auch leichtfertige Sanktionsverstöße werden geahndet.

Auch Unternehmen, die lediglich innerhalb der EU oder in Deutschland agieren, können von Sanktionen betroffen sein. Ein Beispiel:

Dem sanktionierten russischen Oligarchen Usmanov gehören mehrere Villen am Tegernsee in Bayern. Diese ließ er von einer privaten Sicherheitsfirma bewachen. Hiermit verstieß er jedoch gegen das Verfügungsverbot über sein eingefrorenes Vermögen. Vier Individuen mit Verbindung zur Sicherheitsfirma mussten sich auch vor den Behörden verantworten. Ihnen wurde Beihilfe zum Verstoß gegen das Außenwirtschaftsgesetz vorgeworfen.

Zur eigenen Sicherheit sollten also auch bei Geschäften innerhalb der EU Sanktionslistenabgleiche vorgenommen werden.

Was sind Strafen bei Sanktionsumgehungen bzw. für Embargoverstöße?

Aktuell werden Sanktionsverstöße innerhalb der EU noch unterschiedlich geahndet. Auch vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen Ukraine soll es nun zu einer europäischen Harmonisierung des Strafrechts kommen. Das ist bislang nur bei anderen schweren Straftaten der Fall.

Im Jahr 2022 beschloss der Europäische Rat aus diesem Grund, Verstöße gegen diese restriktiven Maßnahmen auf die Liste der EU-Straftatbestände aufzunehmen. Im nächsten Schritt soll die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie erarbeiten, die dann vom Rat und EU-Parlament erörtert und angenommen werden muss.

In Deutschland fällt das Strafmaß schon hoch aus. Bußgelder und Strafen werden in den §§ 17-19 des AWG beschrieben. Demnach sind Haftstrafen von bis zu 10 Jahren sowie Bußgelder bis zu 500.000 Euro möglich.

Noch höher fallen Bußgelder und Strafen in den USA aus. Nach US-Recht können Embargo-Verstöße mit bis zu 30 Jahren Haft bestraft werden. Auch Bußgelder sind möglich: Im Jahr 2014 einigte sich das „Office of Foreign Assets Control“ (OFAC) mit der französischen Bank BNP Paribas in einem Vergleich auf die Rekordstrafe von 963 Millionen US-Dollar, da die Bank über amerikanische Konten Gelder sanktionierter Personen und Organisationen geleitet hatte.

Weiter besteht bei Verstößen gegen US-Sanktionen auch die Gefahr, auf einer schwarzen Liste zu landen. Gelistete Unternehmen können hierdurch vom US-Markt ausgeschlossen werden.

Wie können Unternehmen sich vor Sanktionsverstoßen schützen?

Unternehmen innerhalb der EU sind dazu verpflichtet, die geltenden Sanktionen einzuhalten und umzusetzen. Das bedeutet, dass sie Ihre Geschäftspartner sowie deren wirtschaftlich Berechtigte regelmäßig auf Sanktionslistentreffer prüfen müssen.

Auf Grund der Fülle an Sanktionen, verschiedenen Quellen sowie den regelmäßigen Überarbeitungen kann allein der Sanktionslistenabgleich als Teilbereich der Kundenidentifizierung sowie dem laufenden Monitoring von Geschäftspartnern enorm aufwändig sein.

Eine Lösung hierfür ist, Sanktionslistenabgleiche automatisch während der nach dem Geldwäschegesetz vorgeschriebenen Know-Your-Customer-Prüfung (KYC) vorzunehmen. Doch Achtung, die Verpflichtungen nach dem Außenwirtschaftsgesetz sind unter Umständen sehr viel weitreichender als die nach dem Geldwäschegesetz, denn sie gelten für alle Geschäftsbeziehungen. Das Außenwirtschaftsgesetz kennt keine Schwellenwerte oder ausgewählte Verpflichtetengruppen. Zunächst gilt der Grundsatz: Keine natürliche oder juristische Person darf mit einer sanktionierten Person Geschäfte machen. Hiervon gibt es dann zum Beispiel Ausnahmen, wenn Geschäfte lediglich unter einem Genehmigungsvorbehalt stehen.

Kerberos führt entsprechende Abgleiche mit allen relevanten Sanktionslisten automatisch bei jeder Kundenidentifizierung nach dem Geldwäschegesetz durch. Die Ergebnisse fließen in die Handlungsempfehlungen jeder Prüfung mit ein.

Für Großkunden bietet sich außerdem der automatische Datenbankabgleich per REST-API an. Informieren Sie sich hier über Ihre passenden Lösungen.

Was sind Sanktionslisten?

Sanktionslisten sind öffentlich zugängliche Verzeichnisse. Die Verzeichnisse listen natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen auf. Gegen diese wurden wirtschaftliche und/oder rechtliche Einschränkungen erlassen. Üblicherweise haben Sanktionen einen politischen Hintergrund (hoheitliche Maßnahmen) und werden in den meisten Fällen von Regierungen oder Bündnissen (z.B. EU) verhängt.

Wer beschließt Sanktionen?

Üblicherweise haben Sanktionen einen politischen Hintergrund (hoheitliche Maßnahmen) und werden in den meisten Fällen entsprechend von Regierungen oder Bündnissen (z.B. EU) verhängt.

UN-Sanktionen

Am weitreichsten sind Sanktionen, die durch die Vereinten Nationen (UN) verhängt werden. Hierüber entscheidet der UN-Sicherheitsrat (UN-Security-Counsil). Der Rat besteht aus 15 Mitgliedern. Die fünf ständigen Mitglieder China, Frankreich, Russland, Großbritannien und die USA lassen jedoch schon erkennen, dass durch die UN verhängte Sanktionen nicht allumfassend sein können. Da der Sicherheitsrat einstimmig entscheiden muss, wurden zum Beispiel noch keine Sanktionen wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine verhängt.

Dennoch: Wer auf einer UN-Sanktionsliste landet, wird weltweit die größten Probleme bekommen, Sanktionen zu umgehen. Denn Sanktionen müssen durch jeden Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen umgesetzt werden.

EU-Sanktionen

Zusätzlich zu den UN-Sanktionen kann auch die EU-Sanktionen verhängen. EU-Sanktionen werden im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) ausgearbeitet und müssen vom Europäischen Rat beschlossen werden. Die Sanktionsleitlinien der EU wurden zuletzt 2022 aktualisiert. Demnach kann die EU eigenständig Sanktionen auch über die Resolutionen der UN verhängen, wenn restriktive Maßnahmen im Rahmen der UN nicht möglich sind. Das betrifft aktuell zum Beispiel verhängte Sanktionen gegen Russland. Dabei muss jedoch darauf geachtet werden, dass eigene Maßnahmen durch die EU eine breite Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft erhalten.

Zudem wurde festgelegt, dass Sanktionen in keinem Fall aus wirtschaftlichen Beweggründen beschlossen werden dürfen.

OFAC – Office of Foreign Assets Control (USA)

Für die USA bestimmt das „Office of Foreign Assets Control“ (OFAC) Sanktionen und setzt diese um. Die OFAC ist im US-Amerikanischen Finanzministerium angesiedelt. Grundlage für US-Sanktionen bilden die US-Außenpolitik sowie die nationale Sicherheit aber auch wirtschaftliche Interessen.

Die USA sind dafür bekannt, Sanktionen auch extraterritorial umzusetzen. Das bedeutet, dass auch Personen oder Gesellschaften außerhalb der USA wegen Verstößen gegen US-Sanktionen verurteilt werden können. Bestrebungen einzelner EU-Mitgliedsstaaten, darunter auch Deutschlands, Unternehmen innerhalb der Europäischen Union vor einer Strafverfolgung in den USA zu schützen, liefen häufig ins Leere.

Entsprechend trickreich geht selbst Deutschland gegen US-Sanktionen vor: Ein prominentes Beispiel hierfür ist die Ostsee-Pipeline Nordstream 2. Am Bau beteiligte Unternehmen wurden regelmäßig von den USA sanktioniert. Die beinahe Fertigstellung der Pipeline war nur möglich, da das Land Mecklenburg-Vorpommern eine eigene Stiftung hierfür gründete, die die Umgehung der US-Sanktionen zum Ziel hatte. Sie wurde kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs aufgelöst und ist jetzt Gegenstand eines Untersuchungsausschusses des Landtags.

Einzelstaatliche Sanktionen innerhalb der EU

Deutschland verhängt laut Deutschem Bundestag keine eigenen bilateralen Sanktionen. Alle EU-Staaten haben sich stattdessen dazu verpflichtet, der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU zu folgen.

Auf nationaler Ebene muss jedoch dafür gesorgt werden, dass die Sanktionen der EU und UN auch umgesetzt werden. Diese Verpflichtung stellt Deutschland regelmäßig vor Herausforderungen. Ein Beispiel hierfür ist der Umgang mit russischem Vermögen in Deutschland, das bis zuletzt noch nicht vollständig identifiziert und zugeordnet werden konnte.

Zur effektiveren Umsetzung von Sanktionen verabschiedete die Ampel-Koalition in der letzten Zeit die beiden Sanktionsdurchsetzungsgesetze I & II, welche unter anderem die Schaffung einer Zentralstelle zur Sanktionsdurchsetzung vorsieht.

Was sind die Sanktionen gegen Russland?

Die EU beschließt aktuell in regelmäßigen Abständen neue Sanktionen gegen Russland. Eine vollständige Auflistung der aktuellen Sanktionen finden Sie hier.

Die ersten beschlossenen Sanktionen als Reaktion auf den russischen Aggressionen gegen die Ukraine richteten sich schon im Jahr 2014 gegen 21 russische und ukrainische Amtsträger, die an der Annexion der Krim beteiligt waren. Schon wenige Tage danach wurden der Liste 12 weitere Namen angefügt.

Die Sanktionen wurden über die Folgejahre immer weiter verlängert und entsprechende Listen ausgebaut. Wenige Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs im Jahr 2022 folgte das erste Sanktionspaket gegen Russland. Infolgedessen wurden nicht nur Einzelpersonen, sondern das gesamte Land mit gezielten Sanktionen belegt. Hierzu zählte Anfangs der Zugang Russlands zu europäischen Kapital- und Finanzmärkten.

Am 16. Dezember 2022 verabschiedete die EU schon das neunte Sanktionspaket. Stand 07.02.2023 wurden 1267 natürliche sowie 121 juristische Personen (Organisationen) auf der EU-Sanktionsliste aufgeführt (Quelle).

Maren Adam

Senior Manager Compliance

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