Clan-Spitzel bei der Geldwäsche-Spezialeinheit

Veröffentlicht: 2024-02-26

Ein Kommentar von Anti-Geldwäsche-Spezialistin Maren Adam

Die negative Presse um die deutsche Geldwäsche-Spezialeinheit des Zolls - die Financial Intelligence Unit (FIU) - reißt nicht ab. Nun hat es nach Auskünften von mehreren Zeitungen ein Spitzel in das Innere der Behörde geschafft. Trotz Sicherheitsüberprüfungen durch den Verfassungsschutz.

Sieht es im FIU Büro noch so Papier lastig aus? (Canva-AI)

Laut Pressesprecherin der FIU werden alle Beschäftigten einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen, bevor sie ihre Arbeit in sicherheitsrelevanten Bereichen aufnehmen. So wohl auch der Beschuldigte.

Diese Überprüfungen führt die FIU nicht selbst durch. Sie finden gemäß des Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG) statt und werden vom Verfassungsschutz übernommen. Die Financial Intelligence Unit hat also im Grunde hiermit nichts zu tun.

Beschuldigte hatte eine weiße Weste

Der Beschuldigte dürfte den Prozess ohne Feststellungen durchlaufen, also auf dem Papier zum Zeitpunkt der Einstellung eine weiße Weste gehabt haben. Laut Süddeutsche Zeitung hatte der Mitarbeiter Spielschulden und erhielt vom Miri-Clan Bargeld im Austausch von Informationen – da war er wohl schon Mitarbeiter, und hatte Zugänge zu besonders geschützten Systemen und Daten.

Dieses Vorgehen kennen wir als Experten der Geldwäscheprävention: Strohmanngeschäfte - Menschliche Schwachstellen werden von Kriminellen ausgenutzt und diese dann häufig auch noch unter Druck gesetzt. Gerade im Bereich organisierte Kriminalität und Clans ein übliches Vorgehen. Davor scheint also auch unsere Behördenwelt nicht sicher zu sein.

Sobald solche Personen Zugriff auf Datenbestände einer Sicherheitsbehörde haben, gelangen Kriminelle an relevante und geschützte Informationen. In diesem Fall soll der Beschuldigte unter anderem Vorgänge im Zusammenhang mit dem Clan auf seinen Rechner kopiert haben. Weiter nutzte er seine Zugriffsrechte auch, um auf das Ausländerzentralregister zuzugreifen. Welche Informationen er von dort aus weitergab, ist bisher nicht öffentlich bekannt.

Eigentlich ist die FIU im medialen Diskurs nicht dafür bekannt, auf viele Daten zugreifen zu können. Hierzu gab es in den letzten Jahren viele Diskussionen, da die Anti-Geldwäsche-Einheit – insbesondere nach Ansicht der Strafverfolgungsbehörden – nur unzureichende Informationen für eine wirklich qualitative Analyse von Geldwäsche-Verdachtsmeldungen bemängelte.

Vertrauen auf vielen Ebenen beschädigt

Neben der Befürchtung, dass nun andere Behörden aus Angst vor Daten-Lecks der FIU wichtige Informationen vorenthalten würden, könnte durch den Spitzel-Fall auch die Umsetzung der ab voraussichtlich Juni geltenden EU AML Richtlinie unter Druck geraten. Hierin werden die EU-Staaten dazu verpflichtet, den nationalen FIUs Zugang zu noch mehr Datenbanken zu geben.

Weiter steht in Frage, ob Verpflichtete der Behörde weiterhin vertrauen: Sie geben im Namen ihrer Unternehmen Geldwäsche-Verdachtsmeldungen über ihre Kunden ab. Das Versprechen der Behörde war bis dato, dass die Daten der Meldenden niemals an Stellen außerhalb der Behörde weitergeleitet würden. Entsprechend würden auch die beschuldigten Geldwäscher nicht mitbekommen, wer am Ende zu ihrer Aufdeckung beigetragen habe.

Fragen, die jetzt gestellt werden müssen

Deswegen muss die Behörde sich – auch, wenn die Sicherheitsüberprüfung ursprünglich nicht in ihr Fachgebiet fiel – Fragen stellen. Diese betreffen Prozessausgestaltungen, wie sie in der Compliance gut bekannt sind – und ebenfalls regelmäßig geprüft werden müssen:

  • Greifen effiziente Sicherungsmechanismen, um Fehlverhalten und interne Regelverstöße zu unterbinden?

  • Gibt es eine Vier-Augen-Kontrolle, sodass ein Mitarbeiter nicht allein darüber entscheiden kann, ob ein Fall bei der FIU an die Strafverfolger weitergegeben wird oder nicht?

  • Kann ein Mitarbeiter unbemerkt ganze Meldungen oder darin enthaltene Informationen verschwinden lassen?

  • Wie kann verhindert werden, dass sensible Unterlagen die Behörde verlassen?

Und nicht zuletzt: Wie kann das verloren gegangene Vertrauen wieder aufgebaut werden? Die FIU muss ihre proaktive Kommunikation nun noch deutlicher ausbauen - wenn nicht jetzt, wann dann?

All dies sind typische Compliance-Themen, mit denen sich private Unternehmen seit Jahrzehnten schon beschäftigen, auch um das eigene Fortbestehen nicht zu gefährden. Die deutsche Geldwäschebekämpfung hinkt ihren gesetzlichen Zielen hinterher – teils vielleicht sogar mehr als die Verpflichteten.

Deutschland muss Wort halten

„Deutschland setzt zukünftig den Gold-Standard im Kampf gegen Finanzkriminalität“ – so hatte es Finanzminister Christian Lindner vor einigen Wochen sinngemäß bei der Bewerbung um den Standort der Europäischen Anti-Geldwäsche-Behörde in Brüssel versprochen. Deutschland muss nun Wort halten.

Maren Adam

Senior Manager Compliance

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“Fakt ist, dass Geldwäscher auch Freie Berufe ausnutzen”

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