Bleibt Deutschland ein Magnet für Geldwäscher? Die Bundestagswahl muss kein Paukenschlag, sondern ein Trommelkonzert für die Geldwäschebekämpfung sein
Deutschland ist ein Geldwäscheparadies. Ob und wie sich das nach der Bundestagswahl ändert, bleibt noch ungewiss. Denn mehr als zuvor benötigen wir Taten, statt Worte, mehr Kontrollen und Vollzug statt Versprechen. Dafür sind starke Behörden, digitale Compliance-Lösungen und mehr europäische Kooperationen notwendig, um die Folgen der Corona-Krise für uns alle abzumildern und den Geldwäschern ein Bein zu stellen.
Die Corona-Krise wird uns noch lange begleiten. Mit der Bundestagswahl entscheiden die Bürger:innen auch darüber, wie die Krise, aber auch die Vision nach der Pandemie finanziert wird. Gleichzeitig werden jährlich über 100 Milliarden Euro in Deutschland gewaschen und damit am Fiskus vorbeigeschleust. Mit diesen Geldern finanziert sich die organisierte Kriminalität und der internationale Terrorismus. Forderungen nach weniger Steuern, mehr Steuern oder anderen Steuern überschlagen sich. Die Diskussionen sind legitim, jedoch sollte die Politik zunächst ihre Hausaufgaben in Sachen Geldwäschebekämpfung machen. Der Geldwäschesumpf muss ausgetrocknet werden und der Missbrauch von Unternehmen und damit die Nutzung unserer wirtschaftlichen Infrastruktur durch Geldwäscher effektiv bekämpft werden.
"Die riesigen Summen, die jährlich in Deutschland gewaschen werden, sind Gelder, die am Fiskus und damit an uns allen vorbeigehen. Mit diesen Geldern könnten Schulen saniert, Kindertagesstätten gebaut und Start-ups gefördert werden. Die Geldwäschebekämpfung muss ganz oben auf der politischen Agenda der neuen Koalition stehen. Davon wird die gesamte Gesellschaft profitieren.", so Christian Tsambikakis, Geschäftsführer bei Kerberos Compliance.
"Cum-Ex, Wirecard, N26; Geldwäsche und Korruption werden uns auch nach der Bundestagswahl begleiten. Deutschland ist ein Geldwäscheparadies. Wir stehen vor großen Herausforderungen und brauchen deshalb effektivere Maßnahmen, um Geldwäsche in Deutschland und Europa zu bekämpfen. Dazu gehören mehr Digitalisierung bei der Kooperation zwischen Behörden und Unternehmen, ein stärkerer Vollzug, und eine umfassende Verfolgung nach Meldungen von Verdachtsfällen sowie mehr europäische Zusammenarbeit."
Einen wichtigen Schritt bildet das Gesetzespaket der EU-Kommission zur Geldwäschebekämpfung, mit dem unter anderem eine neue EU-Behörde geschaffen, ein einheitliches Regelwerk zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, und eine Bargeldobergrenze EU-weit eingeführt werden soll. Eine Bargeldobergrenze allein löst die Geldwäscheprobleme in Deutschland jedoch nicht.
"Kriminelle akzeptieren weder Kreditkarten noch PayPal bei Drogenverkäufen, Raubüberfällen oder Erpressungen. Doch es braucht noch weiterführende Maßnahmen.", sagt Tsambikakis weiter.
Wie kann Geldwäschebekämpfung also endlich effektiv umgesetzt werden?
"Erstens müssen wir mehr Branchen im Rahmen des Geldwäschegesetzes verpflichten. Es kann nicht sein, dass z.B. Bauträger und Bauunternehmer immer noch keine Geldwäscheprävention betreiben müssen. Zweitens müssen Aufsichts- und Vollzugsbehörden personell und technisch besser ausgestattet werden. Jeder investierte Euro wird hier doppelt und dreifach zurückfließen. Drittens muss der Zugang zu unbürokratischer und kostengünstiger Geldwäscheprävention vereinfacht werden. Geldwäscheprävention muss von jedem geleistet werden - und geleistet werden können.", erklärt Tsambikakis.
"Anstatt abstrakt über individuelle Verfehlungen zu diskutieren, sollte das Problem jetzt konkret angegangen werden. Geldwäscher entwickeln immer neue Methoden, um illegal erwirtschaftete Gelder in den regulären Wirtschaftskreislauf zu schleusen. Deshalb brauchen wir mit der Bundestagswahl keinen Paukenschlag, sondern ein Trommelkonzert, um Deutschland als Magnet für Geldwäscher endlich unattraktiv zu machen."